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Geschichte des Einsiedlers mit dem Schmalze

Tausend und eine Nacht, Gustav Weil, Seite 1 ( von 2 )

Wisse, o König, einst lebte ein Einsiedler in einer Stadt bei einem der vornehmsten Bürger, der ihn sehr liebte und ihm jeden Tag drei Brötchen und etwas Honig und Schmalz reichen ließ. Da das Schmalz damals sehr selten und teuer war, sammelte der Einsiedler alles, was er von seinem Gönner erhielt, in einem großen Kruge, den er zu Häupten seines Bettes stellte, um immer ein wachsames Auge darauf haben zu können. Eines Tages, als er auf seinem Bette saß, fiel ihm sein Schmalz ein, das jetzt so hoch im Preise strand, und er dachte bei sich: Ich werde es jetzt ganz im Stillen verkaufen und dafür eine Ziege kaufen, ich mache dann Gemeinschaft mit dem Bauer, der einen Bock hat, sie wird im ersten Jahre ein Männchen oder Weibchen, und im zweiten ein Weibchen oder ein Männchen gebären, und so wird das fortgehen, bis ich eine Menge Böcke und Ziegen habe, ich verkaufe dann die Böcke und kaufe Kühe und Stiere dafür, wenn auch diese sich vermehrt haben, verkaufe ich einen Teil davon und kaufe ein schönes Gut und bebaue es; dann lasse ich mir ein schönes Schloss darauf bauen, schaffe mir kostbare Kleider an, kaufe Sklaven und Sklavinnen, dann heirate ich die Tochter eines reichen Kaufmannes oder Fürsten, und feiere eine Hochzeit, wie noch nie eine gefeiert worden, es wird mir weder an allerlei Fleischgerichten noch an Süßigkeiten fehlen. Auch lasse ich Musiker und Sänger und Märchenerzähler kommen, die uns bei dem Dufte der schönsten Blumen und der feinsten Wohlgerüche belustigen, ich werde reiche und arme einladen, Alles, was durch Gelehrsamkeit und Bildung sich hervortut, sogar den Sultan mit seinen Offizieren; ich lasse in der ganzen Stadt ausrufen: Jeder soll zu essen und zu trinken bei mir finden! Ist dann die Braut königlich geschmückt, begebe ich mich zu ihr und denke bei mir selbst: Nun bin ich am Ziele meiner Wünsche, fern von dem traurigen Einsiedlerleben. Bald freute ich mich dann mit dem Knaben, den mir meine Frau gebären wird, und gebe ein großes Fest bei seiner Geburt, ich lasse ihn in Pracht und Glanz erziehen und in Allem unterrichten, wird er aber ungehorsam, so komme ich mit dem Stocke hinter ihn. Bei diesen letzten Worten hob der Einsiedler den Stock, den er in der Hand hatte, mit aller Kraft in die Höhe, begegnete dem Schmalzkruge, der ihm zu Häupten stand, und zerbrach ihn; das Schmalz stürzte über seinen Kopf herunter, beschmierte sein Gesicht und seinen Bart, und befleckte seine Kleider und sein Bett, und so wurde er eine Warnung Denen, die sich belehren wollen.
"Darum, o König, soll man niemals von Etwas sprechen, das noch gar nicht ist." Der König sagte: "Du hast Recht, Schimas, du bist ein herrlicher Vezier, deine Worte sind aufrichtig und dein Wandel gerade, darum nehme ich auch Alles gut von dir auf." Schimas erwiderte, sich verbeugend: "Gott schenke dir ein langes Leben und eine dauerhafte, glänzende Regierung; du weißt, dass ich dir stets meinen aufrichtigen Rat erteile, dass nur deine Zufriedenheit mit mir mich glücklich macht, dass ich keine andere Freude, als die deinige habe, dass ich nicht schlafe, wenn du mir zürnst, denn Gott hat mich durch dein Wohlwollen über alle Erwartung bereichert; darum bete ich immer zu ihm, dass seine Engel dich beschützen mögen und er durch seine Gnade dir reichen Lohn zufließen lasse. Amen."
Der König war entzückt über die Worte des Veziers, und erhöhte seinen Rang und seine Stellung noch mehr. Nach einiger Zeit gebar die Königin einen Sohn; der König freute sich sehr, als man es ihm meldete, und dankte Gott, dem barmherzigen Vater, für diese nicht mehr erwartete Gnade. Er ließ dann nach allen Seiten seines Landes schreiben, und alle Veziere, Oberhäupter der Truppen, andere Große des Reichs und alle Gelehrten zu einem Fest einladen; die Gäste fanden sich zahlreich ein, denn Jeder wollte den geliebten König beglückwünschen. Nach dem Fest entließ sie der König wieder hochgeehrt und reichlich beschenkt.

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